10-Commandments4

Dharma

Dharma ist eine fernöstliche Bezeichnung deren westliche Äquivalente Sittlichkeitsgefühl, Ethik, Tugend, Rechtschaffenheit und Reinheit umfassen. Leider klingen die meisten dieser Begriffe in unserer modernen Kultur ziemlich altmodisch. Dennoch ist es das Dharma, wodurch der Sucher der Wahrheit zur Erkenntnis finden kann.

Das Dharma bestimmt unseren zutreffenden Platz im kosmischen Prozess: in der Zeit, im Platz, im Bewusstsein, im Gedanken, in der Tat und im Wunsch. Die ewigen Grundregeln des Dharma legen die harmonischen Funktionen der kosmischen Maschine fest. Damit wir unsere Rolle im göttlichen Spiel erfüllen, müssen wir uns innerhalb unseres Dharmas bewegen. Das heißt, wir sollen die richtige Sache zur richtigen Zeit, in der richtigen Weise und aus dem richtigen Grund tun. Dadurch erreichen wir unser Gleichgewicht. Diese Balance in uns selbst herzustellen, sichert unser eigenes Wohl und das Wohlergehen der Gesellschaft. Es öffnet den Pfad, der für uns durch das Göttliche vorbereitet wurde.

In Indien glaubt man, dass die Gottheit Shri Vishnu neun mal auf dieser Erde inkarnierte, um die Rechtschaffenen (d.h. die, die innerhalb des Dharma leben) gegen die dämonischen Kräfte zu verteidigen. Als Prinz Shri Rama (ca. 6000 v.Chr.) rettete Lord Vishnu die Göttin Shri Sita von den unmoralischen Absichten Ravanas. Ravana war ein gewalttätiger, materialistischer und egoistischer Eroberer, der den Willen des Himmels verachtete. Der reine und unschuldige Rama kämpfte eine mächtige Schlacht gegen den Dämonenführer und seine Armee der Dunkelheit und besiegte ihn schließlich mit einem einzelnen silbernen Pfeil. Die Legende von Rama, welche im Ramayana niedergeschrieben wurde, lehrt, dass eine Person, die das Dharma verteidigt, dazu bestimmt ist das Böse und die Unwissenheit zu besiegen. Grundlegend zur Verteidigung des Dharma ist die Heiligkeit der Frau, in diesem Fall Sita, die eine Göttin ist - die Inkarnation der göttlichen Weiblichkeit. Shri Krishna (ca. 4000 v.Chr.) inkarnierte auch, um die Dämonen zu zerstören, die dem Dharma entgegentraten. Seine Geschichte ist in dem Epos der Mahabarata niedergeschrieben. Diese Legenden veranschaulichen die Wichtigkeit des Dharma.

Als Moses die 10 Gebote vom Berg Sinai herabbrachte, lehrte er die Israeliten dass Dharma, das göttliche Gesetz, durch das sie, sich von ihren ägyptischen Sklavenmeistern befreien konnten und das versprochene Land (ihre geistige Befreiung) erreichen konnten.

Mohammed musste einen blutigen und schrecklichen Krieg führen, um das Dharma, das Gesetz des Islams vor den kindermordenden und frauenfeindlichen Götzendienern zu verteidigen, dennoch beschrieb er diesen physischen Krieg als den „kleineren Jihad“. Der „größere Jihad“ ist der unendlich schwierigere Krieg, den die Sucher in sich um moralische Reinigung führen, um den Sieg über das Ego und den Sieg über unreine Wünsche, Bindungen und Konditionierung zu erlangen.

Christus lehrte, dass das die Kraft des Verzeihen uns von unserem unbedeutenden Ego befreit und auch von den Begleitern des Ego Stolz, Rache, Aggression und Ärger, damit wir auf dem Pfad des Dharma bleiben können. Denn wahrhaftiges Dharma ist Reinheit des Herzens und des Verstandes.

Warum also fehlt Dharma im westlichen Bewusstsein? Eine Ursache liegt in der allgemein gültigen christlichen Glaubenslehre. Wenn die gnostischen und mystischen christlichen Sekten und ihre Schriften wie die Bibliothek von Nag Hammadi und die Schriftrollen vom Toten Meer betrachtet, sieht man, dass Christus die damlas weit verbreiteten Vorstellungen von Karma, Wiedergeburt, Selbstverwirklichung und vom göttlichen Weiblichen (dem Heiligen Geist, der Mutter Maria) durchaus bestätigte.

Die Kirche verleugnete die Existenz von Reinkarnation und Karma. Dadurch verringerte sich das Gefühl der direkten Verantwortlichkeit für das eigene Leben, persönliche Umstände und unsere Spiritualität. Es machte uns blind für die Idee, dass geistige Entwicklung durch Befolgung des Dharma über viele Leben hinweg möglich ist. Durch die Verleugnung der Reinkarnation wurden unverantwortliche und adharmische Handlungen gefördert, da alle falschen und unmoralischen Handlungen durch Konvertierung und Beichte in letzter Minute gebüßt werden können.

Institutionalisierte Religionen und falschen Theologien sind jedoch nicht die einzigen Ursachen für das fehlen von Dharma. Irrationaler Glauben wurde durch eine neue Religion, die der Wissenschaft, verdrängt. Mit seinem beschränkten Glauben an „Rationalität“ fährt sie fort, das Dharma zu untergraben. Als Newton erklärte, dass das Universum nur ein riesiges Stück Uhrwerk ist, und als Descartes „bewies“, dass das menschliche Wesen nichts als eine komplizierte Maschine ist, fing das Zeitalter der Vernunft an.

Die Überlieferungen der spirituellen Erfahrung und des Göttlichen Willens jenseits des Intellekts wurden zugunsten der Vernunft und der Logik verworfen. Die industrielle Revolution lehrte den Menschen, dass Wissenschaft und Technologie die Natur beherrschen können. Metaphysik wurde als unlogisch diskreditiert. Religion, Mythologie und viele andere Aspekte des universellen Dharma wurden als Kompensationsmechanismen wegdiskutiert, entworfen, um psychologische Homöostasie (den Zustand des Gleichgewichts) in einer „feindlichen Umgebung“ aufrecht zu erhalten. Wissenschaft und die Religion der Vernunft wurden die überragende kulturelle formende Kraft. Die Wissenschaftler sagte: Gott existiert nicht, aber genauso wenig die Kategorien von Gut und Böse, Richtig und Falsch. Moralischer Instinkt, Klugheit und Bewusstsein (=Dharma) wurden, weil unlogisch diskreditiert. Der spirituelle Klebestoff, der eine Zivilisation auf einem dharmischen Pfad zusammenhält, wurde wissenschaftlich gelöscht und durch das materialistische Ethos des „technologischen Fortschritts“, der „Konsumgesellschaft“ und der „Toleranz“ ersetzt.

Jedoch lediglich die Wissenschaft oder die toten Religionen zu beschuldigen wäre zu einfach, auch wenn sie Kräfte darstellen, die innerhalb von uns wirken. Könnten Wissenschaft und Vernunft Symptome unseres eigenen Intellekts sein, der sich ohne Verhältnis zum Ganzen entwickelt hat? So sehr, dass er unser Bewusstsein beherrscht und uns zu überzeugen sucht, das angeborene Dharma in uns zu vergessen? Unser Intellekt klammert sich an das, was er versteht, anstatt sich auf die mühevolle Reise der Selbsterkenntnis zu machen.

Wahre Spiritualität kann jedoch die Wissenschaft erleuchten, damit sie dient, anstatt zu versklaven. Sie kann den Geist der universellen Religion auferstehen lassen, der in uns allen existiert. Zur kollektiven Wahrung unserer Zivilisation ist es nötig, die Essenz des Dharma in uns zu erwecken. Es bedarf der inneren Transformation jedes Einzelnen, weg von der Ignoranz des Materialismus und Individualismus und hin zur Erkenntnis des kollektiven spirituellen Bewusstseins. Alle jene, die die Wahrheit mit der Tiefe ihres Herzen suchen, werden sie durch die Kraft ihres reinen Wunsches spontan und still in sich erweckt erhalten.

adaptiert nach Ramesh Manocha, What is Dharma?
Knowledge of Reality Issue 4